Dienstag, April 18, 2006

Das Reich des Königs der Liebe in den Seelen

oder Geistige Thronerhebung des Herzens Jesu

Es gibt verschiedene Andachten, die darauf abzielen, den Seelen hohe Güter zu vermitteln, ihren Eifer zu erneuern, sie in einer wahren Frömmigkeit zu begründen, sie sanft zur vollkommenen Anbetung im Geiste und in der Wahrheit anzuleiten, mit einem Wort, sie zu einem geistlichen oder innerlichen Leben, kurz zum ernsten Suchen nach dem Reiche Gottes, das in uns ist, hinzuführen. Unter diesen Andachten verdient, unseres Erachtens, die geistige Thronerhebung eine besondere Empfehlung. Diese Andachtsübung entspricht so ganz dem Wunsche des Herrn, der uns so liebevoll bittet, ihm unsere Herzen zu öffnen, damit er darin ausruhe und sein Reich darin errichte: Mein Sohn, sagt er, gib mir dein Herz... Siehe, ich stehe vor der Türe und klopfe an. So jemand mir aufmacht, werde ich Einkehr bei ihm halten und mich mit ihm zu Tische setzen.
Diese Weihe oder Herzensthronerhebung ist gewiß die vom Herrn gewünschte Vollendung der nach außen hin vollzogenen Weihe an sein heiligstes Herz, die eine ergänzt die andere. Beide Weihen vereint, verwirklichen für uns die Fülle des Glückes und lassen uns den Himmel auf Erden finden. In der Tat, unsere Seele wird damit zur Wohnung Gottes und wo Gott ist, da ist auch der Himmel; denn Gott wird in einer ganz eigenen Weise in uns wohnen, wenn wir uns auf seinen Empfang gebührend vorbereiten.
Es darf uns deshalb nicht wundern, daß diese erst vor kurzem entstandene Andachtsübung von Spanien aus, einem göttlichen Feuerbrande gleich, sich überall verbreitet hat; so sehr entspricht sie dem richtigen geistlichen Leben.

Adveniat regnum tuum. Zu uns komme dein Reich.

Jesus, der König der barmherzigen Liebe, hat seine Freude daran, bei den Menschenkindern zu wohnen; leider sind es nur wenige, die seinen Wünschen nach Gebühr entsprechen und ihm Liebe mit Liebe vergelten. Die meisten, selbst von denen, die ihm zu größtem Danke verpflichtet sind, entfernen sich von ihm durch mehr oder minder verkehrte Mittel, anstatt ihm die Türe ihres Herzens zu öffnen, so daß der Heiland, der sich gezwungen sieht, sich von ihnen zurückzuziehen, schmerzbewegt ausruft: "ich suchte jemand, der mich tröstet und ich fand keinen!" ...
Doch die Liebe zu den Menschen, von der sein Herz überströmt, läßt ihn neue Mittel ersinnen; er will sie mit sanfter Gewalt an sich ziehen und durch die engen Bande der Liebe mit sich vereinigen. Seine unendliche Liebe, der es eigen ist, sich mitzuteilen, hat ihn bewogen, aus sich herauszugehen, und doch zu bleiben, was er war, kleine Geschöpfe zu bilden, denen er sich mitteilen, und die sein Reich, die Ausbreitung seines Reiches werden könnten, jenes Reiches, das die ewige Liebe desjenigen geschaffen hat, der gerade durch diese Tat, die barmherzige Liebe geworden ist. Er hat das Mittel gefunden, nicht nur mit seiner Gottheit, sondern auch mit seiner Menschheit zu uns zu kommen. Er will aus uns seinen Himmel, seinen Wohnsitz, sein Reich machen und in seinem Reiche wohnen.
Die geistige oder euchaistische Weihe ist jedenfalls eines dieser wirksamen, mächtigen Mittel zur Erfüllung des Wunsches unseres Herrn. Durch diese Andachtsübung will das liebevolle Jesu Herz das Herz seiner Kinder zu einem Throne machen, um dort zu ruhen und das milde Reich seiner Liebe dauernd zu begründen.
Ursprung und Eigentümlichkeit dieser Andacht. - Sie stammt aus dem Jahre 1916 und wurde einer für Jesu Herz liebentflammten Seele eingegeben. Sie besteht kurz darin, nach dem andächtigen Empfang der heiligen Kommunion das Herz Jesu feierlich und gleichsam offiziell zum unumschränkten König unseres ganzen Seins zu erklären und auszurufen.
Ihre Vortrefflichkeit ist einleuchtend. Ist es doch ein Akt der reinsten und zärtlichsten Liebe, sein Herz großmütig und unwiderruflich zu schenken, um darin dem König der Liebe einen Thron zu errichten. Die Seele, welche so dem anbetungswürdigen Herzen Jesu einen Thron im eigenen Herzen errichtet, trägt einen göttlichen Magnet in sich, der alle ihre Gefühle und Wünsche, Gedanken und Anmutungen an sich zieht. Damit gelangt sie zur innigsten Vertraulichkeit mit dem Vielgeliebten.
Diese fromme Übung paßt besonders für Seelen, die ein innerliches Leben führen und darum die stumme Sprache des Herzens Jesu verstehen; doch ist sie allen Christen nützlich.
Ihre Ausführung. - Man wählt sich einen Tag, der besonders zur Andacht stimmt, z.B. den ersten Freitag im Monat, den Geburtstag oder Namenstag, den Jahrestag der ersten heiligen Kommunion, der Priesterweihe, der Einkleidung, der Gelübdeablegung, der Eheschließung usw. Man bereitet sich dann einige Tage vor, um an dem festgesetzten Tag mit aller nur möglichen Liebe ein eucharistisches Fest zu feiern. Dieses Fest soll ganz innerlich und still gefeiert werden, weil es in der Tiefe der Seele vor sich geht.
Zu diesem Fest lädt man die seligen Himmelsbewohner ein, die seligste Jungfrau, den hl. Erzengel Michael, den Schutzengel, den Namens- oder Schutzpatron und die Heiligen, die man besonders verehrt. Diese bittet man, sie möchten uns für einige Augenblicke ihre übernatürliche Schönheit leihen, um damit das Heiligtum der Seele zu schmücken, zu verschönern und in ein kleines Paradies zu verwandeln.
Am festgesetzten Tage gehen wir nach eifrigem Gebet, voll lebendigen Glaubens und heiliger Liebesglut zum Tisch des Herrn und, nach Empfang des göttlichen Gastes, dem wir den Thron unseres Herzens einräumen, sammeln wir uns innerlich. Wir betrachten mit den Augen des Glaubens den göttlichen Heiland auf demThrone unseres Herzens, wir schauen sein Antlitz voll himmlischer Schönheit, seinen Blick voll unaussprechlicher Güte und Milde, der anzieht und fesselt, dann weihen wir uns mit allem, was wir sind und haben, in einem begeisterten Akt der Liebe seinem Dienste und rufen ihn zum unumschränkten König unseres Herzens und unseres ganzen Seins für immer aus.
Bei dieser Kommunion wird die Seele eine Art fühlbarer Gegenwart Jesu erfahren und wird, falls sie es noch nicht versteht, mit ihm in lieblicher Vertrautheit leben lernen.
Was wird der König der Liebe nun tun? Wird er uns nach den paar Minuten seines eucharistischen Aufenthalts wieder verlassen? Keineswegs, das könnte weder Jesu Herz, noch unserem Herzen genügen. Sind die sakramentalen Gestalten aufgelöst, so bleibt der König der Liebe doch weiter bei uns, durch seinen göttlichen Geist und so oft wir ihn besuchen wollen, sei es bei Tag oder bei Nacht, ist er in unserm Innern und lebt in uns. Leben auch wir in ihm, seien wir wirklich sein Reich. Alles in uns sei ihm ergeben und unterworfen.

Die Früchte dieser Weihe und Thronerhebung sind reichlich, wie uns die versichern, welche das Glück hatten, diese Weihe vorzunehmen. Sie werden nicht müde, die besonderen Gnaden und außerordentlichen Hulderweise bekannt zu geben, die sie mittelst dieser Übung erlangt haben, die nur der Form nach neu ist.
Das erbarmungsovlle Herz Jesu hat seine Freude daran, sie alle Zärtlichkeit seiner Liebe kosten zu lassen und sie mit der Wonne unaussprechlicher Süßigkeit zu überschütten. Jenen, welche diese Andachtsübung nicht kennen, dürfen wir mit Recht zurufen: Kostet und sehet, wie süß der Herr ist.
Erneuerung. - Um die kostbaren Früchte dieser Herzensweihe zu bewahren und zu vermehren, ist es ratsam, sie von Zeit zu Zeit, etwa jeder Woche oder an den ersten Freitagen des Monats oder wenigstens einmal im Jahre zu erneuern.
Dein Reich komme zu uns, König der barmherzigen Liebe. - Damit Jesus wirklich komme und in uns herrsche, müssen wir ihm den Weg frei machen und unser Herz zu einer ihm wohlgefälligen Wohnung herrichten. So erreichen wir, daß wir ihn und er uns besitzt, wie er einmal zum seligen Heinrich Suso gesagt hat (B. d. ew. Weisheit, Kap. 23): "Die Seele , die danach verlangt, mich innerlich zu besitzen, und sich meiner zärtlichen Liebe zu erfreuen, sagte er zu ihm, muß sich von ihren Unvollkommenheiten reinigen, sich von allem losschälen, sich mit Tugenden schmücken und zwar mit scharlachroten Rosen der Liebe, mit schönen Veilchen der Demut und mit weißen Lilien der Reinheit. Sie muß mir eine Ruhestätte des Friedens in ihrem Herzen bereiten, denn ich wohne im Frieden. Sie muß mich in ihre Arme schließen und jede andere Liebe fernhalten,weil mir jede andere Liebe unerträglich ist. Sie muß mir das Lied Sions singen, das heißt ein Lied brennender Liebe und vollkommenen Lobes: denn ich will sie an mein Herz drücken und da ruhen lassen."
Dann kann die Seele mit der Braut im Hohenliede sprechen: "Mein Geliebter komme in seinen Garten. Ich bin ganz sein und er ist ganz mein."

Weiheformel

Unbefleckte Jungfrau, Mutter der schönen Liebe und Sitz der Weisheit, würdige dich, mein armes elendes Herz herzurichten und es mit deinen Tugenden zu schmücken, damit es die Wohnung und der Thron deines göttlichen Sohnes, des Königs der barmherzigen Liebe, werde. Eile ihm entgegen, liebevollste Mutter, und bringe ihm alles dar, was mein Unvermögen und mein Elend ihm nicht geben kann. Danke du selbst ihm für die unzähligen Wohltaten, mit denen er mich überhäupft, insbesondere für die heilige Kommunion, die ich schon so oft und besonders heute empfangen durfte: bewirke dafür, daß mein ganzes Sein und alles, was in mir ist, durch dich Jesus, dem König der barmherzigen Liebe, übergeben werde, damit er allein auf immer in meinem Herzen und in meiner Seele herrsche und kein Atemzug, kein Pulsschlag, kein Gedanke und kein Wort mehr in mir sei, das nicht zur größeren Ehre seines heiligsten Herzens geriche.
Heiliger Erzengel Michael, mein heiliger Schutzengel, ihr Engel und Heiligen des Himmels und ihr, meine besonderen Patrone, N. N., kommt mit eurer Kraft mir zu Hilfe. Öffnet die Pforten meines Herzens, damit der König der Herrlichkeit einziehe und dann schließt sie sogleich wieder und bewachet sie gut, damit niemals mehr ein Geschöpf eindringe und das nehme, was Gott allein gehört.
Komm, Herr Jesus, komm König der Liebe, komm und herrsche auf immer in mir. Möge Frieden werden durch die Kraft deines Namens; mein Herz sei für dich ein verschlossener Garten, in dem du deine Wonne findest und dich ausruhen kannst, so daß ich mit der Braut im Hohenliede sprechen darf: "Für dich, für dich allein, mein Vielgeliebter, habe ich alle Früchte, die alten und die neuen aufbewahrt."

Nach dieser Thronerhebung und der Weihe soll man oft sprechen:

Mein König, alles, was mein ist, ist dein. Alles, was in mir ist, gehorche dir, bete dich an und liebe dich.
König der Liebe, herrsche unumschränkt in mir!
König der barmherzigen Liebe, besitze mein Herz und wandle es um: es soll nur mehr Liebe für dich sein!
Beschütze mich, Herr, wie deinen Augapfel und verbirg mich im Schatten deiner Flügel!

Sekretariat der Herz-Jesu-Werke, Freiburg (Schweiz), 1926, Nihil obstat J. Devaut, libr. censor. Imprimatur Friburgi Helv. 30. Septembris 1926. L. Ems, vic. gen.

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