Die Statue wurde verbrannt, die erste Wallfahrtsstätte zerstört
Mit der Reformation im Jahr 1538 wurde das Priorat den Händen der Kommissare des Königs überlassen, die berühmte Statue Unserer Lieben Frau von Walsingham wurde nach London gebracht und dann dort verbrannt. Nichts ist heute von der ursprüngliche Wallfahrtsstätte übrig geblieben. Auf dem Gras ist jedoch die Stelle gekennzeichnet, an der sie stand, und zwar auf dem "Gelände der Abtei", das heute Privateigentum ist. Als das Priorat zerstört wurde, blieb die "Slipper Chapel" verschont, vermutlich weil man sie für zu schlicht hielt, als daß man ihr Aufmerksamkeit geschenkt hätte. 350 Jahre lang diente sie als Bauernhof, auch wenn immer noch erzählt wird, daß Katholiken weiterhin von Zeit zu zeit zum Gebet dorthin kamen. Im Jahr 1896 wurde sie von einer Dame namens Charlotte Boyd gekauft. Diese schenkte sie dem Erzbischof und bot auch an, ihre Renovierung zu bezahlen. Im August 1897 kam eine kleine Prozession von Pilgern aus der benachbarten Stadt Kings Lynn dorthin. Sie bestand aus etwa 50 Pilgern: das war die erste Wallfahrt der modernen Zeit. Der damalige Erzbischof hatte nicht das Bedürfnis, die Wallfahrt nach Walsingham wieder einzuführen, aber die Verehrung Unserer Lieben Frau von Walsingham wurde dank der Unterstützung durch Papst Leo XIII. in der Pfarrkirche von Kings Lynn wiederbelebt. Im Jahr 1934 kam ein neuer Bischof in die Diözese und fachte die Begeisterung für die Verehrung der Heiligen Jungfrau von Walsingham wieder an. Die erste heilige Messe der modernen Zeit wurde zum Fest der Aufnahme Marias in den Himmel in der "Slipper Chapel" gelesen. Am Sonntag, den 19. August leitete Kardinal Bourne eine Nationalwallfahrt nach Walsingham, an der 10.000 Menschen teilnahmen. Damals wurde die "Slipper Chapel" von der Hierarchie Englands und Wales' zum Nationalheiligtum der Jungfrau Maria in England erhoben. Nach dem Vorbild des Bildes, das auf dem Siegel des Priorates zu sehen ist, wurde eine Statue geschnitzt und dann in der Kapelle auf einen Ehrenplatz gestellt. In der Zeit zwischen dem Erwerb der "Slipper chapel" und der Ernennung zum Nationalheiligtum machte die anglikanische Kirche eine gewisse Entwicklung durch. Alfred Hope Patten wurde zum Seelsorger von Walsingham bestellt. Er ließ eine Statue Unserer Lieben Frau von Walsingham in der ehemaligen Pfarrkirche "Heilige Maria" aufstellen. Die Verehrung breitete sich bald unter den Katholiken aus und im Jahr 1931 ließ Hope Patten eine neue Kirche direkt neben dem "Abteigelände" erbauen. In der Kirche ließ er eine Nachbildung des "Heiligen Hauses von Nazareth" errichten. Dabei nahm er das "Heilige Haus von Loreto" zum Vorbild, das früher einmal in der katholischen Kirche von Kings Lynn erbaut worden war.
Die größte geistliche Hochburg Englands
Die Wallfahrt nahm an den beiden Marienverehrungsorten nach und nach an Bedeutung zu, aber natürlich wurde sie vom Zweiten Weltkrieg in Mitleidenschaft gezogen. Eine der unerwarteten Folgen des Krieges war, daß die amerikanischen Streitmächte, die auf Fluggeländen in der Nähe von Walsingham stationiert waren, beiden Orten eine tiefe Verehrung bewiesen. Auf sie geht die erste heilige Messe der modernen Zeit zurück, die im Mai 1945 auf dem Boden des ehemaligen Priorates gefeiert wurde. Sie haben die Verehrung Unserer Lieben Frau von Walsingham auch in den Vereinigten Staaten eingeführt, wo sie noch heute blüht. Im Jahr 1948 fand eine "Wallfahrt des Friedens" statt, bei der mehrere Gruppen von Männern aus den verschiedenen Teilen des Landes vierzehn schwere Holzkreuze trugen. Diese Kreuze bezeichnen heute den "Kreuzweg" dieser Gebetsstätte. Seit jener Zeit hat sich die Wallfahrt schrittweise weiterentwickelt. Heute besuchen jedes Jahr über 250.000 Menschen Walsingham und verbringen ihre Zeit manchmal in der einen oder in beiden Gebetsstätten. Für die Katholiken ist die Prozession, die auf der "Heiligen Meile" stattfindet, ein bedeutender Bestandteil ihrer Wallfahrt. Die anderen Gottesdienste finden in der "Versöhnungskapelle" statt, die 1982 erbaut wurde. Es gibt auch einen Außenaltar, wenn sehr große Menschenscharen empfangen werden sollen. Viele Pilger verbringen zwei oder drei Tage hier, doch andere bleiben nur einen Tag lang. An bedeutenden Wallfahrtstagen werden etwa 1000 Menschen empfangen.
Die Beziehungen zwischen dem katholischen und anglikanischen Wallfahrtsort sind ausgezeichnet, und viele Pilger, die an den einen Ort gehen, nehmen sich die Zeit, auch den anderen Wallfahrtsort zu besuchen. Im Verlauf des Jahres gib es auch Zeiten, in denen die beiden Glaubensgemeinschaften gemeinsam diese zwei Stätten zum Gebet aufsuchen. Vor zwei Jahren wurde Walsingham bei einer Umfrage des Radiosenders BBC zur "größten geistlichen Hochburg Englands" gewählt.
P. Noel Wynn
Rektor des Wallfahrsortes Unsere Liebe Frau von Walsingham
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