Montag, Juni 04, 2007

Die Ehrenwache vom göttlichen Herzen Jesu

Gegenstand der Ehrenwache

Der wesentliche Gegenstand der Ehrenwache ist derselbe, wie bei all' den verschiedenen Andachten, die sich auf das heiligste Herz Jesu beziehen. Es ist aber nicht im allgemeinen das Herz Jesu, das von der Ehrenwache verehrt wird, sondern sein verwundetes Herz, das Herz nämlich, das einmal sichtbar am Kreuze durch den Lanzenstich verwundet wurde und unaufhörlich in unsichtbarer Weise durch die Vergessenheit, den Undank und die Sünden der Menschen durchbohrt wird. Der besondere Gegenstand der Verehrung unserer Bruderschaft ist somit doppelter Art. Er ist ein sichtbarer: das durch den Stoß der Lanze durchbohrte Herz Jesu, und ein unsichtbarer: das noch jetzt ohne Unterlaß schmerzlich beleidigte und verwundete Herz Jesu.
Die Ehrenwache vernimmt das Wort des Heilandes an die heilige Margareta Maria: "Siehe dieses Herz, welches die Menschen so sehr geliebt hat, daß es alles hingab, ja sich ganz erschöpfte, um ihnen seine Liebe zu bezeigen", und in Vereiniung mit der Heiligen ruft sie der schuldigen, undankbaren Welt zu: "Sehet dieses Herz, das so viel gelitten hat." Der Lanzenstich enthüllt uns das Herz, das in seiner unendlichen Liebe alles, bis auf den letzten Tropfen seines Blutes für uns hingab; aber diese von der Lanze geöffnete Wunde ist nur wieder das rührende Sinnbild der unsichtbaren, nicht weniger grausamen und tiefen Wunde, welche ihm tagtäglich von so vielen schlechten Christen geschlagen wird.
Das heiligste Herz Jesu wird verletzt in seiner Vaterwürde durch die Vergessenheit und den Undank der Menschen. Die Kirche feiert alljährlich in den regelmmäßig wiederkehrenden Festen die Geheimnisse des Lebens und Leidens Jesu Christi; aber nur wenige seiner dankbaren Kinder erinnern sich dabei seiner väterlichen Güte und Erbarmung. Der Heiland weilt mit seinem liebeglühenden Herzen ohne Unterlaß im heiligsten Sakramente; aber so viele seiner ungeratenen Kinder besuchen ihn niemals, beachten seine Gegenwart nicht und gehen gleichgültig an ihm vorüber. Er wollte selbst die Nahrung zum übernatürlichen Leben für alle sein; aber nur wenige sind es, die ihn empfangen.
Es wird verletzt in seiner Königswürde durch den Abfall der Völker, indem sie seine Herrschft nicht anerkennen und ihn von sich stoßen. Es gibt Länder, wo man es nicht wagen darf, das königliche Zeichen der Erlösung, durch welches Christus herrscht und regiert, öffentlich aufzurichten; wo man es errichtet, wird es entfernt, und wo es steht, geht man achtungslos und hochmütig an ihm vorüber. Tausende sind unablässig um vieles besorgt; aber von Jesus wollen sie keine Hilfe, gleich als ob er gar nicht existierte. Für alles können sie sich begeistern; für Jesus haben sie keinen Sinn oder kaum ein dürftiges Zeichen der Ehrfurcht und des Dankes.
Es wird verletzt in seiner Priesterwürde durch die Entweihung seines Opfers und des heil. Sakramentes seiner Liebe. Denken wir an die Vernachlässigung der hl. Messe, an die Unandacht während derselben, an die lauen und unandächtigen Kommunionen, die ihm Ekel verursachen, da wo Eifer und Andacht ihm Freude bereiten sollten, und an den Undank, der fortschreitet bis zum gottesräuberischen Verrat in der unwürdigen Kommunion. Dazu gesellen sich zahllose Unehrerbietigkeiten gegen das Allerheiligste, Entehrungen, Unbilden und Sakrilegien, die an ihm begangen werden. Heiden und Irrgläubige sind Christi Feinde, und von einem Feinde erwartet niemand etwas Gutes. Die katholischen Christen aber sind seine Freunde und Brüder, die er mit besonderer Bevorzugung behandelt hat, und daß er von diesen, die er am meisten liebt, solches erfährt, das verwundet das liebevollste Herz am tiefsten.
Die Ehrenwache will daher die Aufmerksamkeit andächtiger Seelen hinlenken auf die rührende Klage des Erlösers: "Ich habe Tröster gesucht und keine gefunden", und sie sucht sein zweifach verwundetes Herz mit jenen Tröstern zu umgeben, die er bis anhin vergebens suchte.

Fortsetzung: Zweck der Ehrenwache

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