Dienstag, Februar 21, 2006

Das Bild unseres Herrn Jesu Christi

wie es - nach dem hl. Leichentuche in Turin - in Wirklichkeit gewesen sein mag.
Sr. Imelda O.P. pinx.


"Du bist der Schönste unter den Menschenkindern." (Ps. 44, 3.)

Das in Turin aufbewahrte Leichentuch ist jenes, in das Joseph von Arimathäa und Nikodemus den hl. Leichnam Jesu einhüllten. (Joh. 20, 40.) Zu Beginn des 13. Jahrhunderts wurde es aus dem Orient nach Europa gebracht. Es ist Eigentum des Hauses Savojen und wird in einer Kapelle zu Turin aufbewahrt.
Auf dieser ehrwürdigen Reliquie sehen wir den Leichnam unseres Herrn Jesu Christi zweimal eingeprägt. Das eingeprägte Bild zeigt sich wie ein photographisches Negativ. Durch photographische Aufnahme erhielt man ein positives, zuverlässiges Bild des heiligsten Antlitzes. In diesem Bilde besitzt die christliche Kunst ein Urbild der unvergänglichen Schönheit des Körpers und Antlitzes Jesu. Fortan wird sie jedesmal, wenn sie unseren göttlichen Erlöser darstellen will, dieses einzige und wahre Dokument zu Rate ziehen müssen, wird sich von ihm tief durchdringen lassen und aus ihm ihre Inspiration nehmen.
So handelte eine begnadete Künstlerin, die Dominikanerin Schwester Imelda, die das Bild des heiligsten Antlitzes auf dem heiligen Leichentuche lange und genau studierte und dann nach diesem wahren Abbilde ein Antlitz Jesu malte, wie es in Wirklickeit gewesen sein mag, als er auf Erden wandelte. Fürwahr! Ohne zu übertreiben, dürfen wir wohl sagen: "Das ist das wahre Proträt unseres gütigen Erlösers."
Dieses Bildnis Jesu, nach dem des hl. Leichentuches gemalt, stimmt auch genau zu der Beschreibung, die uns die meisten hl. Schriftsteller der ersten Jahrhunderte der Überlieferung gemäß geben. Alle sind darin einig, daß seine Gestalt über das Mittelmaß hinausragte, daß seine Haltung sicher und edel, seine Stirn klar und heiter, sein Auge klar, lebhaft und durchdringend war, von einer Anmut und Reinheit, daß selbst seine Feinde dessen Zauber empfanden, kurz, ein Antlitz von unendlicher Anmut mit feinen ebenmäßigen Zügen. Die Haare waren fast blond, in der Mitte des Kopfes gescheitelt und an den Seiten herabfallend, wie die Nazarener es trugen. Der Bart etwas dunkler, in der Mitte geteilt. Die Stimme war als klar, volltönend und gleichzeitig sehr sanft geschildert. - "Er war der Schönste unter den Menschenkindern." (Ps. 44, 3.)
Die Mehrzahl der hl. Väter, z.B. der hl. Basilius, der hl. Cyrillus von Alexandrien, die hl. Ambrosius und Augustinus, der hl. Fulgentius, der hl. Johannes Chrysostomus haben die Schönheit Christi anerkannt und gepriesen. Sie brachten sie meistens in Verbindung mit seiner Gottheit, die seine heilige Menschheit durchdrang und durch sie hindurchschimmerte.
Der hl. Thomas gibt für diese persönliche Schönheit Christi unwiderlegliche philosophische Gründe an: "Christus hat", so erklärte er, "die Schönheit besessen, die seiner Stellung und der Ehrerbietung, die diese erheischt, angemessen war. Er hat einen Leib und ein Antlitz gewählt, wie es dem von ihm gewollten Ziele entsprach, oder anders ausgedrückt, er hat einen körperlichen Organismus gewählt, dem an absoluter Vollkommenheit nicht das Geringste mangelte. Sein Ziel war nämlich, die Menschen zu unterrichten und für Gott zu gewinnen, indem er sich selbst zum Lehrer machte. Wer aber wüßte nicht, daß die körperliche Schönheit das geeignetste Mittel und so zu sagen das mächtigste Werkzeug des Wohlwollens ist, durch das man die Gunst der Hörer gewinnt?"
"Diese Schönheit", schreibt A. Loth, "die David in den Psalmen und Salomon im Hohenliede gepriesen hat, ist nicht allein die ausgezeichnete Feinheit der Züge, nicht der Adel der Gesichtsbildung, die Anmut der Person; weit mehr noch ist es die innere seelische Schönheit, die nach außen durchschimmert und der äußeren Schönheit einen edleren Glanz verleiht."
Interessant ist im Anschluß hieran eine Beschreibung der Person Jesu Christi zu lesen, die sich in einem seit dem 11. Jahrhundert bekannten und lange für echt gehaltenen apokyrphen Dokument befindet. Es ist dieses ein Brief an den römischen Senat, den ein gewisser Publius Lentulus, der zur Zeit Statthalter von Judäa und Freund des Pontius Pilatus war, oder auch Pilatus selbst, verfaßt haben soll:
"Es erschien in diesen Tagen ein sehr tugendhafter Mann, namens Jesus Christus, der jetzt noch unter uns lebt und von den Heiden als ein Prophet der Wahrheit angesehen, von seinen eigenen Jüngern aber Gottes Sohn genannt wird. Er erweckt die Toten und heilt alle Arten von Krankheiten. Ein Mann von etwas großer und stattlicher Figur und sehr ehrwürdigem Aussehen, so daß die, die ihn sehen, ihn sowohl lieben als fürchten müssen. Sein Haar hat die Farbe einer völlig reifen Haselnuß, bis zu den Ohren beinahe glatt, von da abwärts etwas gelockt, über seine Schultern wallend und von mehr orientalischer Farbe, es ist nach Art der Nazarener in der Mitte gescheitelt. Seine Stirne ist sehr offen und glatt, sein Gesicht ohne Flecken oder Runzeln, schön, von angenehmem Rot; - Nase und Mund sind so geformt, daß nichts daran zu tadeln ist; - der Bart ist etwas stark, in der Farbe gut zu den Haaren passend, von nicht sehr großer Länge; seine Augen sind grau, klar und lebhaft. Sein Körper ist wohlgeformt und straff, seine Hände und Arme proportioniert. Im Tadel ist er furchtbar, im Ermahnen freundlich und einnehmend, im Reden mäßig, weise und bescheiden, vermischt mit Würde. Niemand kann sich erinnern, ihn lachen gesehen zu haben, aber viele sahen ihn weinen. Er ist schön unter den Menschenkindern."

Mit kirchlicher Druckerlaubnis.

(Aus "Mut, Das heilige Leichentuch und das heiligste Antlitz unseres Herrn Jesu Christi". 96 Seiten, 30 Bilder mit Gebetsanhang, St. Josephs-Verlag in Reimlingen, Bayern.)

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